Hinweis:
Die Vorbereitungen zur gemeinsamen Ausflugstour in die Serra da Arrábida findet ihr in meinem Artikel Serra de Arrábida in Portugal – Vorbereitung.
Für heute war der Wandertag in der Serra da Arrábida geplant. Das stellte unsere Reiseleiterin vor größere Herausforderungen, weil das Wetter ja nach wie vor nicht optimal war. Die Temperatur war dabei gar nicht das Problem, denn die empfand ich eher als angenehm für Ausflüge. Aber die doch immer wieder auftretenden Regenschauer waren nicht sehr erwünscht.
Ponte 25 de Abril und Statue Cristo Rei
Wir fuhren also nach dem Frühstück im Konvoi über die rote Ponte 25 de Abril in luftiger Höhe (70 Meter) über den Tejo. Wer wollte, hatte einen schönen Blick auf die Umgebung. Ich selber schaute aber als Fahrer mehr auf die Straße. Die Brücke bestand aus einer sechs-spurigen Autobahn, unter die ein Eisenbahndeck mit zwei Schienensträngen gehängt war.
Aus Lissabon kam man als Autofahrer ohne weitere Kosten nach draußen. Wer aber in die Stadt hinein wollte, musste eine Maut bezahlen.
Oft wird die Hängebrücke mit der Golden Gate Bridge in San Fancisco verglichen. Beide unterscheiden sich optisch vor allem durch die verschiedenartige Verstrebung innerhalb der beiden großen Pylonen. Bei der Ponte 25 de Abril sind diese filigraner ausgeführt.
Auf der anderen Seite des Tejo ist man nicht mehr in Lissabon, sondern in Almada. Trotzdem gehört die dort auf einem Hügel stehende Statue Cristo Rei zu den Wahrzeichen von Lissabon. Auch diese Statue wurde einem Vorbild nachempfunden, nämlich der Christus-Statue in Rio de Janeiro.
Wir sind durch die halbe Stadt Almada gefahren, um zu der Statue zu gelangen. Im Nachhinein und mit der Hilfe von Google Maps scheint mir auch ein deutlich kürzerer Weg möglich gewesen zu sein. Entweder kannte Helena den Weg selbst nicht so genau oder sie wollte uns einfach ein wenig von der Stadt zeigen. Ich bin natürlich fest davon überzeugt, dass sie uns etwas von einer typischen portugiesischen Kleinstadt zeigen wollte. Und eilig hatten wir es ohnehin nicht.
Während die anderen aus meiner Gruppe fast alle mit dem Aufzug nach oben zur Aussichtsplattform hochgefahren sind, um von dort den noch besseren Ausblick zu genießen, schlenderte ich herum und beobachtete die Leute. Hin und wieder machte ich ein Foto, manchmal schaute ich versonnen hinüber zur Perle Portugals, also nach Lissabon. Es regnete nicht mehr, aber es war hier auf dem Hügel recht windig.
Ein paar Meter von der Statue entfernt, gab es ein kleines Café, wo wir uns alle wieder treffen wollten. Helena war schon da und organisierte anscheinend per Smartphone entweder den weiteren Verlauf des Tages mit uns oder erledigte andere Geschäfte. Nach und nach trafen trafen alle anderen ein. Einige tranken noch einen Kaffee oder etwas anderes, die meisten checkten Nachrichten auf ihren Smartphones. Meins war dazu nicht geeignet.
So ist das eben.
Nachdem alle eingetrudelt waren, ging es gemütlich weiter in Richtung Süden.
Portinho da Arrábida
Die Serra da Arrábida sind ein Höhenzug mit maximal 380 Metern Höhe. Diese Gegend ist besonders bei Wanderern beliebt.
Und auch wir wollten heute eigentlich wandern. Aber unsere Reiseleiterin hatte sich darüber informieren lassen, dass der Regen der letzten Tage das Gelände sehr matschig und rutschig gemacht hat. Für erfahrene Wanderer sicher kein Hindernis. Uns wollte sie das aber nicht antun. Wir haben wohl gestern zu viel über das Wetter geschimpft.
Ich durfte mich über sehr schöne Landschaften freuen. Die Straße schlängelte sich in engen Kehren und – wie üblich – an den Seiten kaum befestigt von den Bergen hinunter zum Meer. Ich liebe solche Straßen!Unsere Reiseleiterin fuhr direkt zu Portinho da Arrabida, also dieser kleinen Bucht am Meer
Kurz vor dem Ort war die Straße nur noch einspurig und wurde wechselseitig durch eine Ampelanlage geregelt. Vorsichtshalber ließ uns Helena bereits außerhalb des Ortes, noch vor der Ampel, parken. Sie erklärte uns, dass der kleine Parkplatz im Ort manchmal sehr überfüllt war und dass die Ampeln nicht unbedingt von jedem beachtet wurden. Unter Umständen konnte man dann eine längere Zeit im Ort verbringen, weil man einfach nicht mehr nach draußen kam. Unsere Autos parkten wir also draußen. Zu Fuß würden wir sie auf jeden Fall erreichen können.
Portinho da Arrábida war so ein kleiner Ort, wo man wahrscheinlich zufällig eher nicht landete. Eine kleine malerische Bucht mit ein paar Ferienhäusern und etwas Gastronomie, im Rücken die steil ansteigenden Hänge der Serra da Arrábida.Ein sehr schöner Ort zum Relaxen.
Es war nichts los heute. Die Fensterläden der wenigen Ferienhäuser waren geschlossen. Am Strand war niemand und im Wasser schon gar nicht. Auch der Parkplatz war leer.
Unser Restaurant sah von außen ziemlich uninteressant aus. Es lag etwas erhöht und war gegen alle Widrigkeiten wie Wind und Regen gut geschützt. Uns wurde erzählt, dass dies gestern dennoch nicht ausgereicht hatte. Die Wellen hätten wohl bis zur Mauer gereicht und Gäste mussten das Haus durch die Fenster verlassen.Wir hatten gerade Glück: das Wetter war recht warm und zur Abwechslung regnete es nicht.
Der eigentliche Strand von Portinho da Arrábida lag etwas weiter östlich. Er war von hier aus über einen schmalen Weg erreichbar. Von der anderen Seite gab es aber auch eine Straße, über die man fast direkt zum Strand fahren konnte. Der Strand machte einen guten Eindruck … so aus der Ferne.
Während wir uns (einige von uns ejdenfalls) über die Vorspeiese hermachten, wunderte ich mich, wo sich denn dieser namensgebende Leuchtturm (= Farol) befinden sollte. Ich hatte keinen gesehen. Helena fragte die Chefin, die daraufhin mit dem Finger nach draußen aufs Meer deutete. Ich konnte nichts sehen, aber es war auch diesig. Helena deutete ebenfalls nach draußen und fragte mich: „Kannst du ihn sehen?“. Nein. Na gut, mit etwas Vorstellungskraft sah ich dann in der Ferne irgendetwas Graues … aber war das ein Leuchtturm? Und was sollte der da draußen im Wasser? Vielleicht gab es tatsächlich einen Leuchtturm, aber ich glaube vielmehr, dass mich Helena auf den Arm genommen hat. Als Hauptgericht gab es gegrillten Robalo (= Wolfsbarsch) für alle … außer für diejenigen, die Fisch verschmähten. Ich mag den Fisch, und wenn er so gut gegrillt ist wie heute, schmeckt er so richtig gut. Aber natürlich mag nicht jeder Fisch. Das ist auch okay und glücklicherweise hat die portugiesische Küche nicht nur Fisch zu bieten.Zwischendurch regnete es immer wieder. Das Wasser hatte bald den schmalen Sandstreifen vor unserem Lokal erobert. Wir waren nicht so sicher, wie lange wir noch halbwegs trocken zu unseren Autos kämen. Die Fahrzeuge selber waren da oben vor den Toren von Portinho zwar sicher, aber wir mussten ja auch irgendwie hinkommen.
Zunächst zogen wir kurz in Erwägung, den eigentlichen Strand, etwas östlich von uns, zu besuchen. Aber bei dem Wetter war ein Strandbesuch nicht sehr attraktiv.
In einer Regenpause sind wir schließlich aufgebrochen. Das Wetter war wieder schön und der Regen von eben war sofort wieder vergessen. Am Straßenrand stand ein Alfarrobeira (= Johannesbrotbaum). Von diesen Bäumen hatte ich hier in der Gegend um Lissabon bisher noch nicht viele gesehen.Wir fuhren denselben Weg wieder zurück, den wir gekommen waren. Es war ja schließlich der einzige, der nach Portinho da Arrábida führte.
Weinprobe bei José Maria da Fonseca in Vila Nogueira de Azeitão
Helena hatte wegen des Regens als Alternativprogramm für die entgangene Wanderung eine Weinprobe bei José Maria da Fonseca in Vila Nogueira de Azeitão vorbereitet. Das dürfte in der Weingegend Pamela die wohl bekannteste Weinkellerei sein. Das traditionsreiche Weingut wurde 1834 am nördlichen Rand der Serra da Arrábida gegründet.
Allerdings waren wir zu früh dran. So sind wir noch durch den Ort geschlendert.
Zuerst sind wir die Straße rauf, dann wieder runter gegangen. Helena musste uns irgendwie beschäftigen. Da bot sich der große Friedhof an, der sich gegenüber der Weinkellerei befand. Das klingt zwar etwas makaber, aber die Gräber waren alle sehr prächtig ausgestattet. Es gab auch zahlreiche Gruften, in denen links und rechts in einer Art Regal gleich mehrere Generationen von Familienangehörigen bestattet waren. Manchmal waren diese Grabstätten sehr edel mit Marmorsäulen fast schon wie kleine Tempel oder Häuser gestaltet. Ich kann mir gut vorstellen, dass so eine Ausgestaltung nicht ganz billig war. Anders als oft bei uns in Deutschland war der Friedhof nicht wie eine parkähnliche Anlage gestaltet. Vegetation gab es nur in Form von Blumenbeigaben und einiger weniger Bäume.Nach dem Friedhofsbesuch sind wir auf die andere Straßenseite gegangen. Dort fand gerade eine Art Mini-Flohmarkt statt … und dann begann es wieder zu regnen. Es waren nur sehr wenige Stände auf einem größeren Parkplatz. Entweder war der Markt schon vorbei oder er hatte noch nicht richtig begonnen oder er fiel schlichtweg ins Wasser. Schon wieder nass werden, das wollte niemand!
Wir sind schnell ins nächste Cafe geflüchtet. Na gut, nächstes Cafe ist der falsche Ausdruck. Es gab da schon noch nähere. Aber dieses lag direkt bei der Weinkellerei. Leider reichte das kurze Stück Weg schon wieder aus, um die Hosen zu durchnässen.Im Café warteten wir den Regen und unseren Termin ab. Drei meiner Mitreisenden und ich spielten „Mensch ärgere dich nicht“ auf dem iPad. Ich war ja auf jedes Wetter vorbereitet. 🙂
Irgendwann war es dann so weit und wir durften rüber zur kleinen Führung und zur Weinprobe.
Und es war auch wieder richtig angenehmes Wetter.
Zunächst kamen wir in den Verkaufsraum. Dort mussten wir eine kleine Gebühr für die Kurzführung und die Weinprobe bezahlen (die Höhe der Gebühr weiß ich nicht mehr).
Das Weingut wurde vor etwa 200 Jahren gegründet und aus dieser Zeit stammte auch das Hauptgebäude. Heutzutage diente es als Museum. Von der Halbinsel Setúbal expandierte das Unternehmen schnell und baut inzwischen auch im Alentejo und am Douro Wein an.
Im alten Herrenhaus wurden Gerätschaften aus früheren Zeiten gezeigt wie zum Beispiel eine Maschine, mit der die Korken in die Flaschen gepresst wurden. An den Wänden hingen jede Menge Fotos mit den Konterfeis der Familienangehörigen aus mehreren Generationen. Wir wurden dort mit der Geschichte des Weinguts vertraut gemacht. Unsere Führerin sprach Englisch. Zusätzlich übersetzte Helena aber die wichtigsten Teile auch noch auf Deutsch.
Von der Villa machten wir dann einen kleinen Spaziergang durch den hübsch angelegten Garten, bis wir bei den oberirdischen Weingewölben ankamen. Anders als ich es erwartet hatte, wurde der Wein oberirdisch in verschieden großen Fässern zur Reifung gelagert. Auf der anderen Seite hätte mich das eigentlich nicht überraschen sollen. Unterirdische Gewölbe anzulegen, wäre sicher ein Mordsaufwand gewesen.
Die wichtigsten Marken von José Maria da Fonseca sind der Periquita (Rotwein), der Desertwein Moscatel de Setúbal (Weißwein), der Montado (Rot- und Weißwein) und der Hexagon (Rot- und Weißwein). Auch Vinho Verde wird angeboten. Vom Douro stammt der Domini.
Wieder zurück im Verkaufsraum durften wir einige ausgewählte Weine probieren. Eine richtige Weinprobe (so wie ich es aus Deutschland kannte) war das zwar nicht, aber immerhin konnten wir ein paar Weine kennenlernen. Zuerst zierte ich mich, weil ich als Autofahrer Alkohol strikt meide. Aber dann ließ ich mich doch zu ein, zwei kleinen Schlückchen hinreißen. Der Wein wurde hier nicht wieder ausgespuckt, sondern tatsächlich getrunken. Zur Neutralisierung des Geschmacks gab es einige kleine Kekse.
Der Alambre Moscatel de Setúbal ist ein sehr schwerer, sehr süßer Wein und ist möglicherweise nicht jedermanns Geschmack. Er gehört zur Weltspitze der Likörweine.
Den Periquita gibt es auch in einfacheren Qualitäten als Rosé- und als Weißwein.
Einige der Gruppenteilnehmer kauften sich ein oder zwei Flaschen Wein, möglicherweise zum Trinken noch während der Reise, eventuell aber auch als Mitbringsel.
Zum Abschluss unseres Besuchs des Weinguts José Maria da Fonseca habe ich hier noch ein kurzes Promo-Video:
Wanderung durch die Alfama
Zurück ging es über die Autobahn A2 und wieder über die Ponte 25 de Abril. Ich hatte im Auto ein automatisches Maut-Erfassungsgerät, so dass ich einfach druchfahren konnte. Die anderen beiden Fahrzeuge brauchten etwas länger. Normalerweise kann man hinter den Mautstellen ganz gut anhalten und auf andere Autos warten, aber das war hier nicht möglich. Vor uns war die Brücke, aber kein Parkplatz. Notgedrungen sind wir weitergefahren, wussten aber nicht, wie Helena fahren wollte. Über die Brücke musste sie aber auf jeden Fall.Gleich hinter der Brücke war eine Ausfahrt, die ich aber rechts liegen ließ. Sie schien mir zu früh zu sein. Und viel Zeit zum Nachdenken blieb ja nicht, denn wir waren auf einer Autobahn. In dem gleichen Augenblick, als wir an der Ausfahrt vorbeigefahren sind, war uns klar, dass wir hier wohl hätten abfahren müssen. Die anderen beiden Fahrzeuge waren im Rückspiegel noch nicht zu entdecken. Wir fuhren langsam weiter, um bei der nächsten Möglichkeit anzuhalten und die Situation zu klären.
Kurz vor der nächsten Ausfahrt fand sich eine winzige Ausweichstelle, ein Mini-Parkplatz, den wir noch gerade so erwischten, denn einen Verzögerungsstreifen gab es nicht. Es wäre schön gewesen, wenn man mir vor der Fahrt gesagt hätte, an welcher Ausfahrt ich die Autobahn verlassen sollte. Meine Mitfahrerinnen bemühten sich jetzt redlich, mit Helena telefonisch in Kontakt zu treten und die weitere Vorgehensweise abzustimmen.
Das klappte nur sehr mäßig. Viel Auswahl hatte ich jetzt sowieso nicht. Ich musste die nächste Ausfahrt nehmen und dann irgendwie nach Süden ins Zentrum von Lissabon fahren, Richtung Alfama eben.
Über die Avenida da Liberdade (das ist die Prachtstraße von Lissabon) fuhren wir also irgendwie zur Praça do Comércio, wo wir uns mit den anderen beiden unten am Tejo treffen wollten. Zwischendurch fuhren wir mal unbeabsichtigt auf der Spur der Straßenbahnen, aber das störte offenbar auch niemanden.Anscheinend konnten die beiden anderen Fahrzeuge keine Möglichkeit zum Parken finden. So wurde telefonisch vereinbart, dass wir alle einfach weiter am Tejo entlang in Richtung Alfama fuhren. Wir hielten dann dort an und konnten uns endlich wieder zusammenfinden. Was hätten wir bloß ohne Handys gemacht? 😉 Gemeinsam ging es nun weiter hoch in das Gewimmel der Alfama.
Jetzt musste eine Parkmöglichkeit für alle drei Fahrzeuge gefunden werden. Wer die Alfama kennt, weiß, dass dies ein frommer Wunsch ist. Aber irgendwie ist dann am Ende doch alles möglich und wir konnten die Autos parken.In Lissabon (und nicht nur dort) gab es immer wieder Aussichtspunkte (Miradouros genannt), von denen man einen besonders schönen Ausblick auf die Stadt hatte. Oft gab es dort Bänke oder Tische mit Stühlen, so dass man sich hinsetzen konnte. Meist bestand auch die Möglichkeit, etwas zu trinken oder sogar etwas zum Essen zu kaufen.
Bei einem dieser Miradouros (ich meine, es war der Miradouro da Graça, kann mich aber täuschen) kam Helena auf die Idee, sich eine Schachtel Caracóis-to-Go zu kaufen. Sie fragte deswegen in der Gruppe herum, ob jemand mit essen wollte, denn danach richtete sich ja die Menge, die sie kaufen musste. Wollte aber keiner, nur ich.
Nun musste man natürlich wissen, um was es sich bei Caracóis handelte: das sind kleine Weinbergschnecken, die in einem Sud gekocht werden. Normalerweise kenne ich die nur auf einem Teller. Gegessen wurden sie dann vorzugsweise, indem man mit einer Nadel das Fleisch aus dem Schneckenhaus herauszog und verzehrte.Hier kamen die kleinen Schneckchen aber in einer Alu-Schale und wurden mit den Zähnen aus dem Haus gezogen. Weder die Schnecken noch die Art, sie zu verspeisen, war etwas Gewohntes für den normalen Deutschen. Viele Menschen verziehen, leicht angewidert, das Gesicht, wenn sie sich vorstellen, Schnecken mit den Zähnen aus dem Schneckenhaus zu ziehen. Das kann man niemanden verdenken, aber zumindest probieren sollte man das doch schon mal, finde ich. Im Grunde handelte es sich um einen fettarmen, zuckerfreien leichten Snack … schieres Eiweiß.
Ich jedenfalls nahm Helenas Einladung gerne an und half ihr, die Portion zu vernichten. Man machte sich dabei ganz schön die Finger schmutzig. Und vor den anderen Leuten ständig an den Fingern herumzulutschen, war nun auch nicht so besonders fein. Außerdem hatte ich dauernd das Gefühl, dass mir alle auf die Zähne starrten, um genau zuzusehen, wie die Schnecke aus dem Häuschen in meinen Mund gelangte. Tat wahrscheinlich keiner, aber trotzdem … ich fühlte mich beobachtet. Und in der Tat wollte dann jemand in Nahaufnahme fotografieren, wie ich die Schnecke aus dem Gehäuse zog. Ich lehnte ab. Helena hatte in dieser Hinsicht weniger Skrupel. So verfüge ich über ein paar wunderschöne Fotos von ihren Zähnen und einer Schnecke dazwischen. Ich habe mich entschieden, keins dieser Fotos hier abzubilden.
Fado Abend in der Alfama
Auch in Lissabon wurde es irgendwann einmal Abend. Und so gingen wir zu dem kleinen Lokal, das Helena für unseren Fado Abend ausgesucht hatte. Jetzt ist das natürlich so eine Sache mit dem Fado. Bars und kleine Kneipen, in denen Fado vorgetragen wird, gab es überall in Lissabon. Oft sind diese Kneipen aber schon auf die vielen Touristen ausgerichtet und dadurch irgendwie nicht mehr so richtig „echt“. Da ist es sicher ein Glücksfall, wenn das Lokal von einer Frau ausgesucht wird, die direkt in Lissabon lebt und die selbst mit Freunden zu Fado-Abenden geht.
Wir hatten mit Helena dieses Glück und ich bin unendlich dankbar dafür! Mit dem Fado ist das aber wirklich so eine Sache. Dieser typisch portugiesische Gesang gefällt nicht unbedingt jedem. Insofern muss ich sagen: ihr müsst euch das nicht anhören! Wer aber die Menschen und die Kultur von Portugal kennenlernen möchte, der sollte unbedingt Fado hören, und zwar live! Es geht um viel Sehnsucht und Weltschmerz, mal laut, mal leise vorgetragen, aber immer mit sehr viel Pathos.Fado wird sowohl von Männern als auch von Frauen gesungen. Begleitet werden sie normalerweise von einer klassischen und einer portugiesischen Gitarre. Achja, von UNESCO Weltkulturerben haben wir schon ein paar Mal gehört. Und richtig, auch der Fado gehört seit 2011 zum (immateriellen) Weltkulturerbe.
Unser Abend begann damit, dass wir mit unserer kleinen Gruppe erst mal das halbe Lokal füllten. Auf den Tischen standen verschiedene Petiscos. Dabei handelte es sich um kleine Vorspeisen, oft in Öl und/oder Essig eingelegt, teilweise frittiert. Die Vorspeisen waren für Touristen mal wieder gewöhnungsbedürftig. Naja, so ist das eben in anderen Ländern. Nicht alles ist so, wie man es von zu Hause her kennt. Aber ist das nicht gerade das Spannende?Leider habe ich jetzt gerade ein Problem. Ich habe mir an unserem Fado-Abend kaum Notizen gemacht und Fotos gibt es auch nur sehr wenige. Ich könnte jetzt versuchen, euch die Petiscos auf dem Foto vorzustellen, aber bevor ich Unsinn schreibe, lass ich es erst einmal sein. Falls das jemand sieht und liest und mir mit den deutschen und portugiesischen Begriffen aushelfen kann, wäre das wunderbar. Ich würde das dann hier gerne ergänzen.
Aber eine weitere portugiesische Spezialität kann ich euch noch zeigen: die flambierte Chouriço. Die Chouriço enthält Knoblauch und sehr viel Paprika, was ihr die rote Farbe gibt. Außerdem ist sie sehr fett. Vor dem Flambieren wird die Wurst eingestochen oder eingeschnitten und verliert dann einen Teil des Fettes, der einfach in die Schale hinabtropft. Die Wurst schmeckt sehr würzig und … tja … schmeckt daher (mal wieder) nicht jedem. Helena hatte vorsichtshalber erst einmal nur eine Wurst geordert und das war vermutlich auch gut so. Unsere Gruppe tat sich mit den portugiesischen Spezialitäten heute Abend etwas schwer.Vor dem Anzünden wird Bagaço über die Wurst gegossen. Das ist ein hochprozentiger Tresterschnaps. Auch zwei Gruppenteilnehmer bestellten sich einen Bagaço zum Trinken. Hehe … unser zweiter Mann bekam beinahe Magenkrämpfe davon. 😉 Aber wenigstens hat er es tapfer versucht. Ist aber jetzt auch nicht unbedingt mein Lieblingsgetränk.
Ja, und dann war es irgendwann spät genug für die Fadistas, um loszulegen. Es wurde totenstill und die Aufmerksamkeit richtete sich ausschließlich auf die Musik und den Gesang.
Wir lernten, dass wir nicht *nach* einem Lied applaudieren durften, sondern bereits einige Sekunden, bevor das Lied zu Ende war. Und wir lernten das schnell.
Wir lernten, dass es nur eine endliche Menge an Melodien, aber eine unendliche Menge an Versen (Texten) gab. Der Fadista gab den beiden Gitarristen leise eine knappe Anweisung, welche Melodie gewünscht war und die Gitarristen mussten sich dann auf den Sänger oder die Sängerin einstellen. Das ging soweit, dass sich Sänger und Gitarristen noch nicht einmal kennen mussten.
An unserem Abend wechselten sich mehrere Fadistas ab, mal männlich, mal weiblich.
Der Fado war oft sehr eindringlich. Aber leider verstanden wir die Texte nicht. Vielleicht war das aber auch ein Glück, weil sonst so manche Träne unsere Wangen heruntergerollt wäre, denn das ist normal beim Fado.
Leider wollte unsere Gruppe viel zu früh wieder ins Hotel. Ihr wisst schon: „wir machen die Nacht durch!“ Na, daraus wurde wieder nichts. Die Fadistas machten einfach weiter und weiter … aber wir nicht. Wir gingen … schätzungsweise so um Mitternacht herum, das weiß ich leider nicht mehr so genau.
Ich empfand jedenfalls viel Dankbarkeit und auch Demut dafür, dass ich in dieser originalen Umgebung mit originalen Getränken und Petiscos und mit originalem Fado sein durfte.
Heimfahrt nach Carcavelos
Unseren Abend beendeten wir mit unser Rückfahrt zum Hotel. Selbst jetzt blieb Helena bei ihren Schafen und fuhr als Leithammel vor uns her nach Carcavelos. Wir immer hinterher. Ihr Arbeitstag war heute mal wieder extralarge! Ich weiß das zu schätzen, liebe Helena! Und ich bin sicher, die anderen unserer Gruppe wussten das ebenfalls zu schätzen!
Jedesmal, wenn ich einen Tag so halbwegs beschrieben habe, denke ich mir: „Mein Gott, du schreibst viel zu viel. Deine Artikel sind viel zu lang für einen Blog. Das liest sowieso kein Mensch!“ Dann schleicht sich ein Stirnrunzeln in mein Gesicht: „Ich habe doch schon so viel weggelassen und gehe auf Vieles überhaupt nicht ein.“
Sagen wir mal so: es gibt auch heute noch Menschen, die Zeitschriften oder gar Bücher lesen und deswegen auch die Lektüre von Texten jenseits der 140-Zeichen Grenze verkraften. Im Grunde schreibe ich für mich, weil ich mir das später immer wieder selber durchlesen und die Urlaubstage erneut erleben kann. Aber wenn es da draußen jemand durchhält, meine Artikel zu lesen, wenn ich ihn oder sie vielleicht sogar unterhalte oder ein paar Anregungen gebe, dann ist es okay. Dann habe ich es richtig gemacht.
Für eure zusätzlichen Fragen stehe ich natürlich jederzeit zur Verfügung.
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